Die Adelheidis-Kapelle in Pützchen

Brünnchen und Kapelle

Die Zahl 1769 in ihrem Giebel erinnert daran, dass unsere St. Adelheid-Kapelle im Jahr 2019 250 Jahre alt geworden ist. Zusammen mit „Brünnchen“ und Pfarrkirche sowie den ehemaligen Klosterbauten samt Immunitätsmauer bildet sie ein prächtiges Denkmalensemble, dessen Bedeutung in das gesamte Rheinland hinaus wirkt. Zugleich markiert die Kapelle den Abschluss einer 100-jährigen Bauperiode, die nach dem Dreißigjährigen Krieg einsetzte, als sich der Schwerpunkt der Wallfahrt von Vilich, wo sich St. Adelheids Grab als ausgeraubt erwies, nach Pützchen zur Stätte des nach wie vor erlebbaren Quellwunders verlagerte.

Inwieweit der „heylsame Brunnen“ schon in den Jahrhunderten zuvor das Ziel von Pilgern gewesen ist, wissen wir nicht so recht. Bis zu seiner heutigen baulichen Fassung, die 1684 erfolgt ist, dürfte sich das „Brünnchen“ in ein größeres Gewässer ergossen haben, das auch eine Rolle für die Bergheimer Fischerbruderschaft gespielt haben muss. Denn deren Vilicher Fangprivileg von 1144 hat örtlich immerhin bis hierher gereicht, woran die bei der Kapelle angebrachten modernen „Grenzsteine“ erinnern. Vermutlich haben sich die Gläubigen hier nicht nur wie heute die Augen benetzen, sondern auch ihre kranken Gliedmaßen erquicken können. Genau dafür muss es schließlich sogar eine Art „Badehaus“ gegeben haben, das vermutlich im Bereich der heutigen Wallfahrtskapelle seinen Platz hatte. Hier wurden die Pilger von Vilicher Geistlichen betreut, die ihrerseits oberhalb am Hang eine bescheidene Wohnstatt hatten („Eremiten“). Auch dürfte der gesamte Platz schon von einem ersten Kirchenbau beherrscht gewesen sein. In dessen Untergrund freigelegte Grabplatten von einstigen Wohltätern sind seit 1950  links und rechts der Wallfahrtskapelle an der Gartenmauer aufgestellt.

Mit dem also anschwellenden Pilgerstrom wurden umfassende Baumaßnahmen unverzichtbar: Auf das Brunnenbauwerk folgten ab 1706 die Errichtung des Klosters und ab 1714 der Neubau der Kirche. Damit wurde auch die Errichtung einer eigenen Wallfahrtskapelle unumgänglich - wofür ja gleichfalls das Stift Vilich zuständig war. Dessen Äbtissin war zu jener Zeit eine gewisse Caroline von Satzenhofen, die uns auch als Vertraute des kurkölnischen Ministers Caspar Anton von Belderbusch bekannt ist, der für sie eigens das Schloss in Miel errichtet hatte. Insofern überrascht es nicht, dass sie dessen renommierten Baumeister Johann Georg von Leydel für wichtige Baumaßnahmen nach Vilich holte. Dort schuf  Leydel ein Gebäude für Stiftskapitel und Stiftsarchiv über dem Haupteingangstor von 1616, und alles spricht dafür, dass er auch mit dem Bau unserer Wallfahrtskapelle betraut war. Aus der Vielzahl seiner  prominenten Bauwerke allein auf unserer Rheinseite sollen hier nur die Pfarrkirche von Königswinter und das Pfortenhaus von Kloster Heisterbach erwähnt werden. 

Unsere Wallfahrtskapelle ist ein typisches Bauwerk des rheinisch-ländlichen Spätbarocks: Eine kleine einschiffige mit gedrückter Tonne überwölbte Halle, die in einer dreiseitigen Chornische ausläuft. Verputzte Bruchsteinmauern tragen ein Schieferdach, das von einem sechsseitigen Holztürmchen überragt wird, in der für Vilich charakteristischen welschen Haubenform, Zwiebeldach mit Laterne. Die Eingangsfront ist von Eckpilastern flankiert, das steile Satteldach durch ein profiliertes Sims von ihr abgesetzt. Das Portal und die großen Fenster, beiderseits je zwei, sind von Hausteingewänden mit Korbbogen eingefasst. Das einfache Bauwerk überzeugt insgesamt durch die Klarheit seiner Linienführung und die Schlichtheit seines Schmucks. Dass noch historische Bleiglasfenster vorhanden sind, überrascht; sie zeigen Bildnisse von Wunderheilungen. Das wesentliche Dekorum aber ist der für die Zeit typische Barockaltar, dessen marmorierte Holzsäulen eine Prachtstatue unserer Heiligen rahmen: Fürstenkrone und Hermelinpelz erinnern an ihre hochadelige Herkunft, während der  Äbtissinnenstab auf ihr verantwortungsvolles Amt hinweist. Zweifellos eines unserer schönsten Adelheidis-Bildnisse überhaupt, erstrahlt es nun schon seit 250 Jahren.

Carl J. Bachem (Denkmal- und Geschichsverein Bonn-Rrh.)